Zeichen auf dem Weg

Dies ist die Chronik der „Zeichen dem Weg“, die ansonsten zu jedem Wochenbeginn
neu auf der Seite „Zu Anfang“ erscheinen.




Die Blüte des Namenlosen

Sonne — du unsterbliche Blüte.
Baum des Lebens, der Frucht ist
und Frucht macht.
In dir sterben wir am Abend
und aus dir auferstehen wir am Morgen.

Sonne — du Schönste aller Blüten.
Keine Biene, kein Wind kann dich befruchten,
aber du selbst befruchtest alles,
was werden soll und verbrennst alles,
was umkehren soll.

Sonne — du mächtige Feuerblüte.
Du bist das Zeichen des Sterbens
und das Zeichen der Auferstehung
Das eine kann nicht sein ohne das andere
und beide schmelzen in deinem Feuer zu einem.

Mond — du Blüte der Verwandlung.
Baum der Erkenntnis, der gute 
und böse Früchte trägt oder sie abwirft.
Und beides sind Früchte 
ein- und desselben Samens.

Mond — du Blüte der Fruchtbarkeit.
Dein Licht richtet sich nach dem Licht der Sonne.
Es scheint in dir wider und du gehst 
in deiner Unsichtbarkeit damit schwanger
und gebierst es zu deiner vollen Stunde.

Sonne, Mond — ihr Blüten aus dem Paradies.
Eure Wurzeln entstammen aus ein- und derselben Erde.
Das Leben ist Verwandlung
und Verwandlung ist Leben.
Die Erde, die stillsteht, hört auf zu leben.

Sie dreht sich um die Blüten des Lichts.
Und sie dreht sich um sich selbst.
Der Mensch gleicht der Erde.
Er dreht sich um die Blüten, um sich selbst.
Und sein Selbst gleicht den Blüten des Lichts.

Wer nun sein Herz an der Mondblüte fruchtbar macht 
und wandelt, wer es an der Blüte der Sonne 
entzündet und für alle trägt, wie eine Fackel,
wird erkennen, dass hinter dem Feuer beider 
ein noch größeres Licht steht.

Die Blüten des Lichts, der Bäume aus dem Paradies
entstehen beide aus der Blüte des Namenlosen.
Sie ist so schön, dass sie sich verbirgt.
Wer eins wird mit ihrem Samen, wird sie aber in seinem 
eigenen Herz erschauen, weil sie in ihm selbst aufgehen wird.

Das ist die Auferstehung der Blüte des Namenlosen.
Das ist die Auferstehung des Wesens im Menschen.
Und das Wesentliche ist in allem anwesend,
denn die Blüte des Namenlosen
blüht überall.




Engel und Adler

Gedanken vor der Morgenröte
(Morgenröte, altgermanisch Austrō, Ostern)

Du. Mein Engel. Mein Verführer. Rumpelstilzchen, der du mein Kind haben willst. Mein Leben. Wie ist dein Name? Geflügelter Widersacher. Es gibt nichts Schönes auf Erden. Kein Engel ist schön. Alle Pracht verführt, weil sie benannt werden will. Ich bin der Engel. Mein Teufel. Gehörnter. Verheißung. Jeder Teufel ist gut. Mephisto. Ja, in meinem Bauche steckst du. Lachend. Ha. Wie der Teufel lacht. Draußen drischt der Regen. Gewitter im Januar. Und jeder Neubeginn ist eine Runde mehr für dich. Dein König wird immer siegen. Treuester Diener Gottes. Jeder Mensch ist schwach gegen dich. Wo man einen Plan ersinnt, kennst du ihn schon vorher und durchkreuzt ihn vor seinem Gelingen. Keine Waffe kommt gegen dich an. Du bist unsterblich. Engel des Todes. Jede Frucht ist dein. Jeder geschaffene Gedanke, denn alles ist aus dir geboren. RA, SAMEN, DAS BÖSE. Ja. Schau mir ins Angesicht, du großer Tod. Pforte allen Lebens. Wer durch dich schreitet, wird ewig. Ist das dein Geheimnis? Bist du der schattenlose Schatten? Das schaffenlose Schaffen? Bist du der Eine, ohne Gegenüber? Bist du der vom Menschen geschaffene Gott? Götter, wie Menschenseelen, gibt es eurer Tausende. Alles Geschaffene fällt in eure Hand und alles Ungeschaffene kommt aus euch hervor. Was ist der Mensch? Frucht eurer Leiber, aufgefressen von euch. Weise der, der begriffen hat, dass jeder Atemzug Gift vom Todesstachel der Götter ist. Ich atme Tod ein und atme Tod aus. Aller Tod ist eitel. Selbst da will der Mensch den Helden spielen. Selbst da lässt er sich nicht brechen. Indem der Mensch sich nicht brechen lässt, stirbt er. Würde er gebrochen sterben, so wäre eine Lücke in seinem Herzen, die unangreifbar ist für den Tod. Dem Tod gehört, was ihm gleicht. Und der Mensch gleicht dem Tod. Unbeugsam rafft er jedes einfließende Leben dahin. Kaum, dass sich der erste Keim bildet, bricht er ihn ab, erstickt, was eben noch geboren war und nennt sich einen Held, da er den Tod vor dem Tode besiegte. Was ist der Mensch, der lebt, weil er den Tod gefressen hat? Was ist der Tod, wenn nicht Speise Gottes, der zurücknimmt, was nicht gebrochen werden konnte? Der König über den Menschen ist der Tod. Alles, was von ihm geschaffen wird, fällt ihm zu Füßen und gehört ihm. Indem der Mensch glaubt, ihn mit göttlichen Theorien und Worten überwinden zu können, mauert er sich sein eigenes Verließ im Königspalast. Kein Mensch ist unsterblich. Kein Mensch kann Stroh zu Gold spinnen. Der Tod des Menschen ist sein Vergessen. Der Mensch vergisst den Tod und indem er vergisst zu sterben, hört er auf zu leben. Am Anfang ist das Wort und das Wort erstickt den Menschen in seinem eigenen Fleisch. Der Mensch ist in Fleisch gehüllter Tod und je mehr er spricht und dieses Fleisch mit Worten seziert, desto härter wird der Tod. Der Tod spricht die Sprache des Schweigens. Kein Atem geht durch ihn. Wir haben Angst vor ihm, weil wir selbst Atmende sind, denen dieses genommen wird im Moment, wo wir nicht mehr sprechen können. Unsere Lungen sind die Flügel des Todes. Mit jedem Atemzug weiten und falten sie sich. Und wir krauchen wie Hühner auf der Erde und nutzen sie nicht. Wer vergessen hat seine Flügel zu nutzen, wird sich selbst nie finden. Der Mensch ist sein eigener Tod. Ist sich selbst sein eigener Bruder und Feind. Immer wird der Tod der Gegensatz des Menschen sein. Er ist kalt, während uns warm das Blut durch die Adern fließt. Unser Tod ist, dass wir immer das Gegenteil von dem wollen, was wir sind. Und der Tod wird sich uns immer gegenüberstellen, solange wir diese Waage in Benutzung haben. Wenn wir bereit sind unser Leben zu geben, ist der Tod besiegt. Dann sind wir, wie er, unsterblich geworden. Der Tod ist der Mutterschoß, aus dem wir geboren werden. Er ist das Licht, er ist der Schatten, er schenkt alles Leben, weil es ewig ihm gehört. Seine Fratzen sind die Ausgeburten des Menschen. Der Mensch ist sein eigener, rasender und richtender Gott. Es gibt keinen einzigen Gott außerhalb des Menschen. Und sein Herz pulsiert durch den Flügelschlag des Todes. Gott ist tot. Der Mensch, der sich als Gott über den Tod erheben will, ist töricht. Denn er wird von seinem Rücken fallen, weil er die Höhe nicht verträgt, die dieser Adler überfliegt. Wer nicht lernt auf deinen Flügeln zu fliegen, wird immer fallen. Wie viele Leben noch? Wie viele hechelnde Atemzüge noch? Der Tod kennt keine Grenzen, noch Begriffe. Er st nicht Bruder und nicht Feind. Er schert sich nicht darum und überdauert dadurch alle Zeit. Wer den Tod nicht mehr besiegen will, weil er erkannt hat, dass der Tod die Hingabe und Liebe selbst ist, wird das höchste Licht erblicken und in der Sonne, im Leben selbst aufgehen, weil er bereit war zu sterben, weil er bereit ist. Das ist sein Geschenk.




Wir alle sind Feuervögel vor den Augen der Sonne.
Mit jedem Aufgang eines neuen Tages dürfen wir uns in ihr verbrennen, um neu zu leben.
Wer Angst hat zu sterben, hat Angst zu leben.
Wer seine Auferstehung erwartet, wie den Ausgleich einer offenen Rechnung,
in der er sich selbst geopfert hat, wird enttäuscht werden.
Und es wird der verbrennen, der nicht auch den letzten Rest seines Feuervogelseins erwartungslos der Sonne anheim gibt.
Einzig der, der sein Feuer lichterloh mit dem Feuer der Sonne einswerden lässt,
sodass es keine Trennung der Elemente mehr gibt, den wird das Feuer der Sonne nicht verbrennen,
sondern als Einheit wird er mit ihr auferstehen zu einem neuen Tag.